Wetzlar. Der Frühling hält für Ornithologen so manche Überraschung bereit. Ende März wurden an der Bergstraße die ersten rasant umherflitzenden Kolbenfresser gesichtet. „Es ist erstaunlich, dass der Kolbenfresser schon so früh wieder voll auf Touren kommt“, so Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU Hessen. Wenn es im Frühling warm werde, erwache der Turbo-Vogel aus seiner Winter-Lethargie und fege wild durch die Lüfte. Das frühe Aufdrehen des Kulturfolgers sei allerdings ein eindeutiges Zeichen dafür, dass der Klimawandel voll im Gang ist. Der NABU Hessen warnt davor, dem Kolbenfresser mit falscher Fütterung helfen zu wollen.
Der Kolbenfresser, so Eppler, zeige ein erstaunliches Balzverhalten. Bei Temperaturen über 20 Grad jagten die Männchen mit laut dröhnendem „möhhm-möhhm-möhhm“ über Felder und Wiesen hinweg, um die Weibchen zu beeindrucken. „Am kommenden Wochenende mit Temperaturen bis zu 26 Grad wird es so richtig abgehen“ ist sich Eppler sicher. Spaziergänger sollten jederzeit mit unberechenbaren Kolbenfressern rechnen und deshalb besonders vorsichtig sein.
Der Biologe weist auf die besondere Ernährungsweise des Kolbenfressers hin, die dem „Röhrvogel“ zum Verhängnis werden könnte. Anders als sein naher Verwandter, der Bienenfresser, ernähre sich der Kolbenfresser rein vegetarisch. Seine Lieblingsspeise bestehe aus vergorenem Mais und Getreide. „Ohne Fütterung kann der Kolbenfresser bei uns nicht überleben“, erklärt Eppler. Beim Füttern des metallisch glänzenden Vogels müsse man aber vorsichtig sein: „Das überall angebotene Billig-Mischfutter verträgt er nicht!“ Der NABU Hessen wirft den Herstellern vor, mit gepanschter Ware Leben und Gesundheit des Kolbenfressers zu gefährden. „Den zehn Prozent echten Bio-Alkohols werden meist neunzig Prozent schmutzige Erdölprodukte beigemischt. Ein Skandal sondergleichen!“, empört sich Eppler. Wenn dem nicht schnellstens Einhalt geboten werde, lande der Kolbenfresser auf der Roten Liste der bedrohten Arten.
Das Billigfutter sei aber nicht nur für den Kolbenfresser gefährlich, sondern auch für Mensch und Natur, erklärt Eppler. „Die Umweltbilanz ist eine einzige Katastrophe. Für das gepanschte Mischfutter werden ganze Landstriche aufgebohrt, verölt und vergiftet.“ Der NABU Hessen fordert die Landesregierung auf, die gefährlichen Produkte unverzüglich zu verbieten und die Erforschung nachhaltiger und zukunftsfähiger Futtermittel umfassend zu fördern.